Wie lernt mein Baby alleine einzuschlafen?

Kathrin Schlafen 15 Kommentare

Obwohl die meisten von euch über meinen Dauerbrennerartikel „Warum Babys nicht durchschlafen“ auf meine Seite gelangen, erreichen mich regelmäßig Anfragen von übermüdeten Müttern, die wissen wollen wie sie ihre Babys (meist zwischen dem 6. und 10. Lebensmonat) endlich zum selbstständigen Ein- und Durchschlafen (ohne Stillen, Tragen und am besten im eigenen Bett) bewegen können.

Meine Schlafberatung

Bei solchen Fragen bin ich keine gute Anlaufstelle, wenn es darum geht wie man Kinder mit bestimmten Methoden am schnellsten von ihren Bezugspersonen entwöhnt. Ich bin der Ansicht, dass Babys im gesamten ersten Lebensjahr zu klein sind, um ein bestimmtes (aus unserer Sicht angemesseneres) Schlafverhalten zu lernen und dass sie erst Recht viel zu klein sind, um nachts gegen ihren Willen alleine gelassen zu werden.

Deswegen verweise ich immer zuerst auf meinen Schlafartikel und dann auf die Worte der Stillberaterin Biggi Welter:

„Hast du gewusst dass ein junger Elefant eingeht, wenn er in den ersten 2 Lebensjahren nicht die PERMANENTE Anwesenheit seines Hauptbezugs“tieres“ hat (kann auch ein Mensch sein…). Wenn ein Elefantenbaby zum Waisenkind wird, bekommt es im Zoo selbstverständlich einen Pfleger zur Seite gestellt, der Tag und Nacht Hautkontakt bietet. Kein Mensch würde die Notwendigkeit dafür in Frage stellen.

Nur mit unseren eigenen Babys, die viel unreifer geboren werden, erwarten wir so viel mehr. Das ist ein Punkt, der viele Diskussionen auslöst und bei Mutter und Kind zu vielen Tränen führen kann: Das Kind soll „wach“ ins Bett gelegt werden und alleine einschlafen können (was eine enorme neurologische Leistung darstellt). Wenn es aber nur an der Brust oder im Körperkontakt mit der Mutter einschlafen kann, dann verurteilen wir dies als schlechte oder gar schädliche Angewohnheit… Aber das ist es gar nicht!

Es hat seinen Grund, warum stillende Mütter die besten Einschlafhilfen SIND. Beim Saugen an der Brust findet ein Baby das, was es braucht: Trost, Nahrung, Sicherheit. Es liegt vermutlich an einer gewissen neurologischen Unreife, wenn einige Babys das mehr brauchen als andere, und es „verwächst“ sich wirklich von alleine!!

Dein Baby braucht also vor allem eines: Zeit zum Reifen. Vielleicht „schenkst“ Du ihm einfach noch ein bisschen von dieser Zeit, in der du ihm gestattest, so zu sein, wie es ist. Die unruhigen Nächte sind furchtbar anstrengend, daran kann ich mich auch noch gut erinnern. Trotzdem: Sie sind normal und werden garantiert irgendwann vorbei sein. Wann, kann ich leider nicht sagen. Aber sie gehen wirklich vorbei!“

Es gibt leider keinen einfachen Trick

Nestling Nr. 2 (9 Monate) schläft wie seine Schwester – nur mit meiner Hilfe ein und er meldet sich regelmäßig zum Stillen und zwar im 2 Stundentakt – jede einzelne Nacht. Ich kann mir durchaus ein besseres Abendprogramm vorstellen, als ihn immer wieder geduldig in den Schlaf zu begleiten. Sport beispielsweise oder Artikel schreiben. Doch er pfeift auf Schnuller & Co und gibt erst Ruhe, wenn ich mich zu ihm lege und ihn stille. In Krisenzeiten wie der aktuelle Wachstumsschub (Woche 43) schläft er noch nicht einmal an der Brust, sondern nur im Tragetuch ein.

Vielleicht hätte ich ihm mit etwas Durchsetzungsvermögen eine alternative Beruhigungsmethode antrainieren können. Vielleicht hätte ich ihm mit Geduld und Beharrlichkeit beibringen können, ohne Brust und ohne Tragetuch in den Schlaf zu finden. Aber er regt sich furchtbar auf, wenn ich es mit Schnuller, Pucktuch, Federwiege & Co probiere und ich bringe es nicht übers Herz ihm diese Dinge aufzuzwingen. Zudem ertrage ich es nicht, tatenlos zuzuschauen, wenn er weint und so gebe ich ihm schlussendlich das, was ihn am schnellsten beruhigt: Meine Nähe.

Eine Frage der Einstellung

In schlechten Zeiten (vor allem in den ersten Monaten und phasenweise beim Zahnen) hängt der Bub mit seinem Schnütchen kontinuierlich an meiner Brust. Ich darf mich dann abends keinen Millimeter wegbewegen. Anfangs konnte ich wenigstens mit ihm auf dem Stillkissen vor mir liegend arbeiten, doch dafür ist er jetzt schon zu groß und ist er schlecht drauf, komme ich zu nix.

Baby-durchschlafen

Der Bub mit 4 Wochen schlafend auf meinem Bauch, während ich arbeite.

Das ist aus drei Gründen für mich ok:

  1. Ich habe mich schon so lange mit der Babyschlaf-Thematik auseinandergesetzt, dass ich sicher weiß, dass „nächtliches Aufwachen weder ungesund ist noch ein Problem. Es ist anstrengend, ja. Aber es gehört zum heranwachsendem Baby wie der Blitz zum Donner.“
  2. Der Bub fühlt sich offensichtlich wohl, wenn ich bei ihm bin: Geht es ihm gut, geht es mir gut!
  3. Unser Mädchen bewies mir, dass Kinder es eines Tages von ganz alleine schaffen durchzuschlafen und dass es wirklich nur wenige Monate sind, in denen uns unsere Kinder nachts so intensiv brauchen.

Es wird besser, wirklich!

Das Mädchen aus meinem Dauerbrennerartikel – unser Mädchen – ist inzwischen 4 Jahre alt und ein zuverlässiger Durchschläfer. Wir stecken sie abends zwischen 19 und 20 Uhr ins Bett, wo sie nach einigen Gute-Nacht-Geschichten und Streicheleinheiten flott in einen komatösen Schlaf fällt. Sie schläft innerhalb weniger Minuten so tief und fest, dass sie noch nicht mal erwacht, wenn ich neben ihr ein Feuerwerk zünde (schon getestet). Das passierte einfach so, ohne dass ich ihr irgendetwas antrainiert habe.

Und auch der Bub (9 Monate) schläft phasenweise stabil(er). Plagt ihn nichts, schafft er Schlafintervalle von 2-3 Stunden ohne mich, bis sich der kleine Hunger wieder meldet und beim nächtlichen Stillen schläft er dann direkt wieder ein und ohne mich weiter. Solche Phasen betrachte ich als großen Fortschritt im Vergleich zu den Abenden, in denen er fest an mir klebt.

Mein Tipp

Gäbe es ihn, den einen super Tipp mit dem alle Babys zuverlässig alleine ein- und durchschlafen, dann wäre er sicherlich schon weltbekannt. Doch da wir alle (unsere Babys eingeschlossen) sehr eigene Individuen sind, muss jedes Elternpaar für sich herausfinden, auf welche Weise sich der Nachwuchs am besten beruhigen lässt.

An dieser Stelle möchte ich euch aber gerne verraten, wie es bei uns am besten klappt:

  1. Es ist wie es ist.
    Meiner Meinung nach gibt es genau zwei Möglichkeiten. Entweder versuchen wir unser Baby wider seiner Natur mit Schlaflernprogrammen oder ähnlichem zum Durchschlafen zu überreden (bei manchen scheint es ja zu klappen) oder wir akzeptieren die Tatsache, dass sie uns brauchen und gestalten diese Zeit so angenehm wie möglich, beispielsweise durch bewusstes Kuscheln. Ich entschied mich für letzteres, weil sich das „Schlafproblem“ mit fortschreitendem Alter von selbst erledigt.
  2. Das Baby beruhigen, sobald es aufwacht.
    Höre ich, dass der Bub aufwacht und sich über meine Abwesenheit beschwert (bleibt er ruhig, dann lasse ich ihn wühlen), gehe ich zu ihm und streichele ihn. In 99% der Fälle hilft das nicht, so dass ich mich zu ihm lege und ihn stille. Und zwar so schnell wie möglich, damit er gar nicht erst richtig wach wird und direkt nach dem Stillen weiterschläft.
  3. Dunkel und leise
    Ich erledige alles (auch Windeln wechseln) im Dunkeln und möglichst lautlos.
  4. Familienbett
    Ich schlafe neben dem Knaben, weil er sehr viel ruhiger schläft, wenn er meinen Körper spürt und ich nachts so schneller und vor allem bequemer auf ihn eingehen kann. Ich bleibe zum Stillen einfach liegen und schlafe direkt wieder mit ein.
  5. Großes Familienbett!
    Ich teile mir eine 1,40 Meter Matratze mit dem Bub. Das Mädchen und Thomas teilen sich 2,80 Meter. So hat jeder genug Bewegungsfreiheit.
  6. Schlafpensum
    Bei uns hat sich eine Nachtruhe von 19/20 Uhr bis 7 Uhr eingependelt (er schläft recht viel). Ich achte lediglich darauf, dass seine Schläfchen am Tage nicht zu lang ausfallen bzw. nicht zu spät am Nachmittag stattfinden. Das ist etwas kniffelig, weil sich das Schlafpensum im ersten Jahr häufig ändert. Schläft er am Tage zu viel, geht er abends zwei-drei Stunden später ins Bett.
  7. Mit Finger unterm Kinn Abdocken
    Möchte ich mich nach dem Einschlafstillen abdocken, dann lege ich einen Finger vorsichtig unter sein Kinn und drücke dieses leicht nach oben, während ich die Brustwarze herausziehe. Dieses sanfte Schließen des Mundes ermöglicht, dass der Bub weiterschläft, weil er beim Nuckeln mit der Zunge gegen den Gaumen drückt.
  8. In Decke gehüllt ablegen
    In den ersten Wochen schlief der Bub ausschließlich auf dem Arm ein. Legte ich ihn dann einfach so ins wesentlich kühlere Bett (es war ja Winter), wachte er meist auf. Wickelte ich ihn jedoch vor dem Einschlafen in eine kuschelige Decke, konnte ich ihn samt dieser ablegen, ohne dass er einen Unterschied merkte.
  9. Papa trägt mit Musik
    Bin ich schlapp oder braucht mich das Mädchen, übernimmt Thomas das „Einschläfern“. Er packt den vollgetankten Bub in den Bondolino und lässt Jack Savoretti laufen. Spätestens nach dem zweiten Lied pennt der Kleine.
  10. Baby-einschlafen

    Der Bub in der „Huckepack-Trageweise“ – er kuschelt gerne auf dem Rücken und ich kann mich so freier bewegen.

    Auf dem Rücken tragen
    Stapeln sich die Geschirr- und Wäscheberge bis unter die Zimmerdecke, kann ich nur schlecht neben dem Bub liegen bleiben. Damit er meine Nähe bekommt und ich trotzdem etwas im Haushalt machen kann, binde ich ihn mir auf den Rücken. Ohne „Rucksack“ lässt es sich natürlich wesentlich leichter putzen, aber das ist ein guter Kompromiss für Krisenzeiten.

Probieren geht über Studieren

Stört dich die Schlafsituation mit eurem Baby, dann teste, ob sich daran etwas auf friedliche Weise verändern lässt. Eine Freundin von mir fand beispielsweise zufällig heraus, dass ihr Sohn lieber alleine in seinem Bettchen schlief, obwohl sie nachts so gerne mit ihm kuscheln wollte.

Es spricht nichts dagegen Einschlafhilfen anzuwenden, sofern sie nicht zu wilden Einschlafkämpfen führen. Akzeptiert ein Baby eine Einschlafhilfe wie Schnuller und Federwiege oder das Schlafen im eigenen Zimmer ohne Protest, dann kann das eine große Entlastung sein. Wenn dein Baby jedoch dich braucht und will, dann versuche es zu genießen, wie lange es auch dauern mag. Genieße diese unbeschreibliche Nähe, denn diese Zeit kommt nie wieder!

Literaturtipps

Folgende Bücher zeigen Möglichkeiten, das Schlafverhalten eines Kindes positiv zu beeinflussen, ohne es alleine schreien zu lassen:

Sibylle Lüpold: „Ich will bei euch schlafen!*

William Sears: „Schlafen und Wachen – Ein Elternbuch für Kindernächte„*

Herbert Renz-Polster: „Kinder verstehen. Born to be wild: Wie die Evolution unsere Kinder prägt.„*

Carlos Gonzalez: „In Liebe wachsen: Liebevolle Erziehung für glückliche Familien„*

Elisabeth Pantley: „Schlafen statt Schreien: Das liebevolle Einschlafbuch„*

Schlafprogramm nach Gordon für Babys ab einem Jahr

Das sanfte Schlafprogramm nach Dr. Jay Gordon“ ist für Eltern geeignet, die ihr Kind nach dem ersten Geburtstag nachts an größere Stillabstände gewöhnen möchten.

„Ich rate Ihnen davon ab, im ersten Lebensjahr eine Veränderung an den Schlafgewohnheiten Ihres Kindes zu forcieren. Ich würde dies notfalls nur dann unterstützen, wenn die Gesundheit der Mutter extrem stark gefährdet wäre. Es gibt viele Bücher, die vorschlagen ein Kind, das wenige Monate oder zumindest weniger als ein Jahr alt ist, zum Durchschlafen zu bringen. Ich halte das nicht für ratsam und bin überzeugt davon, dass einem Baby in seiner Entwicklung schadet, wenn es so früh schon erleben muss, dass es keine Antworten auf seine Bedürfnisse erhält.“ (Dr. Jay Gordon)

Schlussgedanke

Durch die Erfahrung mit unserem Mädchen konnte ich mich von der ersten Nacht an voll und ganz auf die Bedürfnisse unseres Sohnes einlassen. Ich bin bei ihm, wann immer er mich ruft. Schläft er am besten mit der Nase in meiner Achselhöhle, dann soll er sie eben darin vergraben. Findet er nur mit meiner Brust im Mund wieder in den Schlaf, dann stille ich ihn. Ohne wenn und aber, weil ich genau weiß, dass er eines Tages genau so gut wie seine Schwester schlafen wird.

Baby-schlaf

Der Bub mit vier Monaten im Familienbett.

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