Noch bevor mein Frauenarzt per Ultraschall das Ergebnis meines positiven Schwangerschaftstests bestätigte, erzählte ich einigen Freunden und Familienmitgliedern von der frohen Botschaft. Als ich in der siebten Schwangerschaftswoche das kleine, bubbernde Herzlein auf dem Monitor sah, durfte jeder wissen, dass ich wieder schwanger bin.
Ich hatte eigentlich nur mit positiven Reaktionen gerechnet, schließlich ist ein neues Leben etwas durchaus erfreuliches. Jedoch fragten mich viele zunächst: „Wie weit bist Du denn?“ Als ich dann fröhlich entgegnete „Ach noch ganz frisch, vielleicht sechste oder siebte Woche.“, blickte ich in erstaunte Gesichter und bekam Sätze zu hören wie: „Oh, so früh sprichst Du schon darüber?“, „Na dann viel Glück, dass es auch so bleibt.“ Obwohl ich kein ängstlicher Mensch bin und voller Zuversicht, was den zweiten Nestling anbelangt, irritieren mich solche Bemerkungen.
Ja, es gibt ein erhöhtes Risiko für eine Fehlgeburt in den ersten Schwangerschaftswochen – es liegt bei etwa 20% (siehe Rabeneltern.org: „Wie hoch ist das Risiko für eine Fehlgeburt„). Doch einerseits reduziert sich das Risiko für eine Fehlgeburt auf unter 10%, sobald die Herzaktivität mittels Ultraschall festgestellt werden kann (siehe „Fehlgeburt„). Andererseits ist auch nach der 12. Woche nichts sicher. Nach 16 Wochen auch nicht. Wir könnten unser Baby bis zur Geburt verlieren und auch danach, denn in den ersten Lebensmonaten besteht das Risiko, dass unser Baby am „Plötzlichen Kindstod“ stirbt. Wenn es beginnt zu laufen und außerhalb unserer Sichtweite die Welt zu erkunden, besteht erneut ein gewisses Risiko, das ihm etwas zustößt. Im Grunde können wir niemals sicher sein.
Wenn wir uns stets alle Risiken vor Augen halten, verbringen wir unser ganzes Leben in Angst und Sorge.
Doch wir können nicht wissen, was das Schicksal für uns bereit hält und es ist müßig sich den Kopf darüber zu zerbrechen, was alles passieren könnte. Deswegen erzählte ich im „realen Leben“ all denen von meiner erneuten Schwangerschaft, die mich kennen und die ich mag. Denn sollte es zu einer Fehlgeburt kommen, würde ich auch darüber mit meiner Familie und meinen Freunden sprechen wollen. Ich würde in so einer schwierigen Situation Trost und die seelische Unterstützung lieber Menschen benötigen. Also warum sich nicht vom ersten Augenblick an gemeinsam über dieses Wunder freuen?
Die frohe Botschaft an die große „Blog-Glocke“ zu hängen und tausende (zum Teil wildfremde) Leser zu informieren, ist eine ganz andere Dimension. Sicherlich nicht jedermanns Sache und vielleicht mutig. Doch nestling.org ist mittlerweile wichtiger Bestandteil meines Lebens und ich wollte mein Glück sofort rauslassen. Es tat mir gut, mit Thomas, meiner Familie, meinen Freunden und meinen Lesern über unsere Situation zu reden und zu hören, dass es vielen anderen Eltern in ähnlicher Situation genau so ging.
Umso trauriger finde ich, dass die ersten Gedanken bei einer frühen Schwangerschaft – sowohl bei Aussenstehenden als auch bei den Schwangeren selbst – oft in eine negative Richtung wandern. Dass viele Frauen ihre Schwangerschaft 12 Wochen lang aus Sorge verschweigen. Dass sie nicht das Gefühl von guter Hoffnung erleben und das erste Schwangerschaftsdrittel genießen, sondern ängstlich dem Ende dieser sogenannten „kritischen Phase“ entgegenfiebern.
Hebamme Anja („Von guten Eltern„) schrieb vor einigen Tagen passenderweise einen Artikel mit dem Titel
„Ein bisschen schwanger gibt es nicht„:
Schwangere Frauen sind schwanger. Es gibt nicht mehr oder weniger schwanger, auch wenn die äußerliche, körperliche Veränderung in der 30. Schwangerschaftswoche natürlich wesentlich offenkundiger ist, als im zweiten Schwangerschaftsmonat. Die größten Entwicklungen finden aber tatsächlich in den ersten Wochen statt, auch wenn das von außen zunächst kaum sichtbar ist. Deshalb brauchen auch Frauen in dieser intensiven Zeit eine Unterstützung oder manchmal nur eine Bestätigung, dass alles gut so ist wie es ist.“
Genau so ist es. Ich spüre die rasanten Veränderungen in meinem Körper, obwohl ich rein äußerlich betrachtet so aussehe wie vorher. Niemand kann es sehen, aber meine Hormone arbeiten auf Hochtouren und wirbeln mein Inneres gehörig durcheinander. Mir ist übel, ich bin müde, ich schwitze plötzlich mehr, bin weinerlich und ich merke wie sich meine Gebärmutter aufrichtet – in Form von ziehenden „Bauchschmerzen“ (siehe „Ablauf einer Schwangerschaft„). Was ich jetzt brauche sind Menschen, mit denen ich über mein Befinden sprechen kann. Menschen, die mir zuhören und mich aufmuntern. Ein Arzt oder eine Hebamme, die mir versichern, dass alles gut ist.
Anja rät schwangeren Frauen in ihrem Artikel, sich bereits in den ersten Schwangerschaftswochen an eine Hebamme zu wenden:
Sich möglichst früh nach einer Hebamme umzuschauen ist ein wertvoller Tipp. Es hilft aber auch schon, wenn ihr euch einen vertrauten Menschen sucht, mit dem ihr offen auch in den ersten Wochen eurer Schwangerschaft sprechen könnt. Ihr müsst die Nachricht ja nicht gleich in die Welt hinaus posaunen. Doch gerade die ersten Schwangerschaftswochen sind geprägt von Unsicherheit und Sorge. Von durcheinander geratenen Hormonen und entsprechenden körperlichen Veränderungen. Macht diese aufregende und aufwühlende Phase nicht allein mit euch aus. Sucht euch einen Menschen, der euch zuhört, euch nachempfinden kann und für eure Situation Verständnis zeigt.
Eure Kathrin