Schlaf für alle!

Kathrin Gastartikel 15 Comments

Das dritte Lichtlein brennt und ich darf euch den dritten „Wochenbett-Gastartikel“ – verfasst von Nora Imlau – präsentieren.

Nora ist Mutter von zwei Kindern, Journalistin und Autorin von den Erziehungsratgebern Das Geheimnis zufriedener Babys und Freundschaft: Wie Kinder sie erleben und Eltern sie stärken können. In ihrem Advents-Beitrag geht es um das Dauerbrenner-Thema Schlaf, denn davon haben Eltern junger Babys – so wie Thomas und ich – ja in der Regel zu wenig 😉
Herzlichen Dank liebe Nora!

Und euch natürlich viel Spaß beim Lesen!
Eure Kathrin

Mit einem Neugeborenen im Haus zu genügend Schlaf zu kommen, kann eine echte Herausforderung sein. Der Grund: Babys schlafen zwar viel, aber meist nur in kurzen Etappen, während Erwachsene vor allem einen undurchbrochenen Nachtschlaf als erholsam empfinden. Lässt sich dieses Dilemma lösen? Ich denke: Ja! Doch dafür müssen wir Eltern verstehen, wie kleine Kinder in Sachen Schlaf ticken, und bereit sein, alte Vorstellungen von „richtigen“ und „falschen“ Schlafgewohnheiten zu überdenken. So können wir gemeinsam einen neuen Schlafrhythmus finden, der der ganzen Familie gut tut.

Der erste Schritt: Das Einschlafen

Weder Kinder noch Erwachsene können „auf Knopfdruck“ einschlafen. Wir alle brauchen so genannte Brücken in den Schlaf, die uns helfen, die Anspannung des Tages loszulassen und ruhig wegzudämmern. Als ich einmal einen Schlafforscher fragte, wie es sich für ein Baby anfühle, einzuschlafen, sagte er: „Es fühlt sich an wie fallen – in dem guten Gefühl, sicher zu landen.“ Dieses Gefühl kennen wir alle: Wenn wir etwa vorm Fernseher oder auf dem Beifahrersitz im Auto unverhofft einnicken, haben wir plötzlich das Gefühl, ins Bodenlose zu plumpsen – und schrecken mit klopfendem Herzen hoch. Dass uns das beim Einschlafen im Bett nicht so geht, liegt daran, dass wir uns innerlich darauf vorbereitet haben, nun einzuschlafen, und dass wir uns dabei sicher fühlen. Und genau dieses Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit brauchen auch unsere Kinder, um gut einschlafen zu können.

Wie genau wir unseren Babys dieses wohlige Einschlafgefühl vermitteln, ist eine Frage unserer persönlichen Vorlieben. Eins jedoch haben (fast) alle Babys gemeinsam: Besonders gut zur Ruhe finden sie, wenn sie Begrenzung spüren, Körperkontakt haben und an etwas nuckeln können. Der Grund dafür, dass diese drei Sinneserfahrungen das Einschlafen erleichtern, liegt in der Geschichte unserer Art: Schließlich sind Menschenbabys sind seit Jahrtausenden darauf gepolt, dass sie nirgendwo sicherer sind als im Arm der Mutter, an deren Brust. Und dort finden sie ganz von alleine alles drei: Begrenzung, Nähe, und Nuckeln sowieso. Einschlafstillen ist deshalb für viele Familien der einfachste Weg, ein Baby ins Traumland zu befördern. Doch es gibt auch viele andere liebevolle Möglichkeiten, mit denen etwa der Vater oder andere vertraute Erwachsene die liebevolle Einschlafbegleitung übernehmen können.

Meine Lieblings-Einschlafrituale aus unserem Freundeskreis sind etwa …

Die Flüsterpost: Dabei kuscheln sich Mama oder Papa mit dem Baby ins Bett, legen ihm sacht eine Hand auf den Bauch und flüstern ihm leise ins Ohr, wer es alles lieb hat. Ganz langsam und monoton: „Die Mama hat dich lieb, der Papa hat dich lieb, die Oma hat dich lieb, Tante Alma hat dich lieb …“ Das gleichmäßige Flüstern und die liebevolle Zuwendung lässt Babys oft toll ruhig werden und leicht einschlafen.

Der Traumtanz: Mit dem Baby im Tragetuch oder auf dem Arm zu leiser Musik sacht durchs abgedunkelte Schlafzimmer zu tanzen, lässt unruhige Geister ruhig werden. Besonders gern mögen es viele Babys,w enn man ihnen beim Tanzen vorsichtig im Rhythmus der Musik auf den Rücken klopft.

Der Stirnstreichel-Trick: Das Baby ist offensichtlich müde ist, findet aber einfach nicht in den Schlaf, sondern reißtimmer wieder die Augen auf? Dann hilft es oft, ihm von der Stirn herab sanft übers Gesicht die Augen „zuzustreicheln“.

Das pralle Leben: Es gibt Babys, denen ist allzu viel Ruhe unheimlich. Viel lieber als im dunklen, stillen Schlafzimmer schlummern sie im Wohnzimmer oder in der Küche ein, wo ihre Eltern sich unterhalten und große Geschwister um sie herumtoben. Denn was uns viel zu hell und zu hektisch zum Schlafen erscheint, kann für ein Baby genau die Geborgenheit schenken, die es sich zum Einschlafen wünscht. Denn inmitten seiner Familie fühlt es sich so sicher wie nirgendwo sonst auf der Welt.

Der zweite Schritt: Ruhige Nächte

Schlaf ist wichtig für alle: Kinder brauchen ihn zum Wachsen, und um all ihre neuen Erfahrungen in ihren kleinen Gehirnen richtig einzusortieren. Und Erwachsene brauchen ihn, um sich zu erholen und die Kraft zu tanken, die sie brauchen, um liebevolle und zugewandte Eltern sein zu können. Schlafmangel ist deswegen kein Luxusproblem, sondern ein echter Risikofaktor für junge Familien: Die allermeisten körperlichen Übergriffe auf Babys durch ihre Eltern passieren nämlich aufgrund von extremer Erschöpfung und Übermüdung. Nach Wegen zu suchen, die Näche für alle ruhiger zu gestalten, ist deshalb nicht egoistisch , sondern sehr verantwortungsvoll – so lange klar ist, dass nicht das Baby unter den Schlafwünschen der Eltern leiden muss, sondern sein Grundbedürfnis nach Nähe, Milch und Aufmerksamkeit auch in der Nacht erfüllt wird.

Empfehlenswerte, weil sanfte aber wirksame Möglichkeiten, die Nächte mit Baby zu verbessern, sind aus meiner Sicht:

Ein klarer Unterschied zwischen Tag und Nacht: Schlafforscher konnten nachweisen, dass sowohl Kinder als auch Erwachsene nachts ruhiger schlafen, wenn sie im täglichen Leben einen klaren Unterschied zwischen Tag und Nacht spüren. Bezogen auf das Leben mit einem Baby heißt das: Tagsüber ist es hell, und in der Wohnung ist eine normale Geräuschkulisse zu hören – auch beim Mittagschlaf. Umgekehrt ist es nachts ruhig und dunkel, auch beim Stillen oder Windelnwechseln. Wer nachts wach wird, bekommt Milch und Nähe, geflüsterte Worte und liebevolle Streicheleinheiten im Halbschlaf – aber es wird weder aufgestanden noch gespielt, weder Fernsehen geguckt noch vorgelesen.

Jeden Tag ins Freie! Eine schottische Studie hat vor Kurzem belegt, was Generationen von Eltern schon vermuteten: Frische Luft macht Babys müde. Deshalb möglichst bei jedem Wetter mit dem Baby mehrere Stunden am Tag draußen verbringen. Denn bei einem Spaziergang im Tragetuch oder im Kinderwagen schlafen Babys nicht nur unterwegs sehr gut, sie schlafen auch in der darauffolgenden Nacht ruhiger und länger am Stück.

Nah beieinander schlafen: Je näher Eltern und Baby sich in der Nacht sind, desto unkomplizierter wird es, die allermeisten nächtlichen Bedürfnisse im Halbschlaf zu befriedigen, und desto erholsamer wird auch der Nachtschlaf. Besonders praktisch am gemeinschamen Schlaf im Familienbett ist, dass sich dadurch auch die Schlafzyklen von stillenden Müttern und deren Babys synchronisieren. Dadurch werden wir Mütter in der Nacht nicht mehr aus dem Tiefschlaf gerissen, sondern werden quasi gleichzeitig mit unseren Babys wach, können dann kurz stillen und gleich weiterschlafen. Stillende Mütter etwas älterer Stillkinder machen sogar oft die Erfahrung, dass sich die Kleinen nachts quasi autark an ihre Brust andocken und auf diese Weise so selbstständig stillen, dass die Mutter dafür nicht einmal die Augen aufmachen muss.

Der dritte Schritt: Das Unabänderliche akzeptieren, das Änderbare ändern

Dass Babys und kleine Kinder oft nur mit Begleitung einschlafen, uns auch nachts immer wieder brauchen und morgens früher wach werden als uns lieb ist – all das ist kein Konstruktionsfehler und kein Hinweis auf ein wie auch immer geartetes „Schlafproblem“, sondern schlicht und einfach das angeborene und artgerechte Schlafverhalten von Menschenkindern. Dieses mit Gewalt ändern zu wollen, wäre grausam und ungerecht. Insofern ist ein Schlüssel zu guten Nächten mit kleinen Kindern mit Sicherheit, das akzeptieren, dass kleine Kinder so schlafen, wie sie schlafen, und dass wir daran nicht herumdoktern sollten. Auf der anderen Seite können sich gerade in sehr liebevoll und bedürfnisvoll zusammenlebenden Familien auch Schlafgewohnheiten einstellen, die von den Eltern auf Dauer als sehr belastend empfunden werden und die sich ändern lassen, ohne dabei zu harten und entwürdigenden Schlaflerntrainings zu greifen. Diese Änderungsmöglichkeiten zu nutzen, möchte ich Mütter und Väter ausdrücklich ermutigen – denn Frust und Aggression haben im Familienbett nichts zu suchen!

Vom Einschlafstillen zum Schnuller: Als Stillberaterin bin ich natürlich ein großer Fan davon, Babys ohne Schnuller groß werden zu lassen – denn der Plastiknuckel kann mit etwas Pech arge Stillprobleme machen. Doch wenn Mütter das Einschlafstillen zusehends als belastend empfinden, halte ich es für absolut legitim, dem Baby etwas anderes anzubieten, an dem es sein Saugbedürfnis befriedigen kann. Das kann der eigene kleine Finger sein, oder ein ein Nuckelpüppchen, aber aus meiner Sicht durchaus auch ein Schnuller. Ist das Baby älter als sechs Wochen und hat sich das Stillen gut eingespielt, empfehle ich vom Einschlafstillen genervten Müttern immer wieder, nach dem abendlichen Stillen das Baby mit einem Schnuller im Mund im Familienbett im Arm zu halten, bis es eingeschlafen ist. Diese Lösung hat schon manche Stillbeziehung gerettet, weil die Mutter sich nur mehr zum Dauerstillen gezwungen fühlte – und vielen Babys sanft in den Schlaf geholfen.

Vom Tuch zum Bett: Weil kleine Kinder so gut einschlafen, wenn sie in Bewegung sind, tragen viele Eltern ihre Babys in den Schlaf. Dagegen ist auch nichts einzuwenden – bis der Punkt kommt, an dem die Eltern langsam genug davon haben, jeden Abend mit ihrem Baby erst auf Wanderung gehen zu müssen, damit es einschläft. In diesen Fällen haben schon viele Eltern gute Erfahrungen damit gemacht, das Baby mit dem Tragetuch einzuwickeln wie in einen Pucksack, damit es die vertraute Enge spürt, sich dann mit ihm ins große Bett zu kuscheln und es dort sanft hin und her zu wiegen. So spürt es die vertraute Enge, die vertraute Nähe und die vertraute Bewegung und gewöhnt sich sanft daran, im Bett statt unterwegs einzuschlafen.

Vom Nuckelstillen zum Durchschlafen: Dass Babys nachts immer wieder wach werden und Milch trinken wollen, ist ganz normal und gesund. Doch wenn Babys auch um den ersten Geburtstag herum die Nacht mehr oder weniger dauerstillend verbringen, kann es sein, dass in ihrem Schlafmuster etwas durcheinander geraten ist: Weil sie abends und auch in der Nacht immer wieder mit Mamas Brust im Mund einschlafen, haben sie irgendwann das Gefühl, nur mit Brust im Mund gut schlafen zu können – und verbringen die Nacht dementsprechend dauernuckelnd. Macht das der Mutter nichts aus, ist das kein Problem. Denn das Baby kann aber Brust weder überfüttert werden, noch Karies bekommen, noch leidet seine Schlafqualität am dauernden trinken.

Doch wenn das Dauerstillen die Mutter auf dem Zahnfleisch gehen lässt, ist es dennoch an der Zeit, etwas zu ändern – auf einfühlsame Weise, versteht sich. Der einfachste Weg dabei ist, die Einschlaf-Assoziation „Schlafen=Brustnuckeln“ durch eine weniger auslaugende zu ersetzen, zum Beispiel „Schlafen=Kuscheln“. In dem Fall stillt die Mutter ihr Baby abends wie gewohnt, dockt es jedoch ab, bevor es richtig einschläft, und hält es zum Einschlafen einfach im Arm. Abend für Abend wird dieser Abdockzeitpunkt etwas nach vorne verlegt, bis das Baby irgendwann daran gewöhnt ist, zu stillen, dann noch eine Weile bei Mama im Arm zu liegen, und dann einzuschlafen. In der Nacht passiert dasselbe: Stillen – im Arm halten – einschlafen. Und, wenn die letzte Stillmahlzeit erst eine halbe Stunde her ist, vielleicht auch einmal: Nicht stillen – nur im Arm halten – einschlafen. Bei Kindern über einem Jahr machen viele Mütter auch gute Erfahrungen mit einer fest definierten Stillpause, etwa zwischen Mitternacht und dem Sonnenaufgang. Erklärt man einem Kind dies liebevoll und kann es in der Zwischenzeit trotzdem Wasser, etwas Banane und natürlich Kuscheleinheiten bekommen, gewöhnen sich die meisten schnell daran und schlafen schon bald in der Stillpause durch.

Ich wünsche Dir, liebe Kathrin, und allen Leserinnen und Lesern Deines Blogs gemütliche Abende, kuschelige Nächte und vor allem: süße Träume!

Deine
Nora Imlau

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